European Film Awards

Im Rahmen des Monats des Europäischen Films präsentiert die Cinémathèque suisse ein Spezialprogramm mit Filmen, die an den Europäischen Filmpreisen ausgewählt oder ausgezeichnet wurden. Eine Gelegenheit, Schweizer und europäische Erfolge wie Ma vie de Courgette, Toni Erdmann, Youth oder Interdit aux chiens et aux italiens zu sehen oder wiederzusehen.

Die Europäische Filmakademie wurde 1989 von einer Gruppe von 40 europäischen Filmschaffenden gegründet, darunter Jiri Menzel, Istvan Szabo, Krzysztof Zanussi, Krzysztof Kieslowski, Claude Chabrol, Bernardo Bertolucci und Stephen Frears. Heute zählt sie über 5000 Mitglieder, die alle aus Europa stammen und in der Filmbranche tätig sind. Das Ziel der Filmakademie ist die Förderung des europäischen Films im weitesten Sinn. Jedes Jahr verleiht sie im Rahmen des Europäischen Filmmonats – der diese Filme in den Kinosälen Europas bewirbt – die European Film Awards, das sind die Preise für die besten europäischen Filme. Ausserdem organisiert sie den Lux-Publikumspreis für den besten Film des Jahres und setzt sich für die Anerkennung des europäischen Filmerbes ein. Die Akademie wird heute von Juliette Binoche präsidiert, die in dieser Funktion die Nachfolge von Ingmar Bergman, Wim Wenders und Agnieszka Holland angetreten hat.

In diesem Jahr werden die Preise zum ersten Mal in der Schweiz verliehen, in Luzern, am 7. Dezember. Der ehemalige Präsident der Akademie (von 1996 bis 2020), Wim Wenders, der kürzlich in Cannes für seinen Film Perfect Days geehrt wurde, wird den Ehrenpreis für sein Lebenswerk erhalten. Im September wurde er bereits in Budapest von der Internationalen Föderation der Filmarchive (FIAF) gewürdigt. Aus diesem Anlass wollte das Bundesamt für Kultur die Verleihzeremonie aufwerten, indem es verschiedene Akteure des Schweizer Films, wie beispielsweise die Promotionsagentur Swiss Films oder die Stiftung für Weiterbildung, Focal, in das Rahmenprogramm einbezieht.

Die Cinémathèque suisse beteiligt sich an diesem Ereignis und präsentiert eine Auswahl von rund 20 Filmen, die von der Akademie nominiert oder ausgezeichnet wurden. Einige davon sind repräsentativ für das europäische Kino wie Festen des Dänen Thomas Vinterberg oder Toni Erdmann der Deutschen Maren Ade, und mehrere wurden von Schweizerinnen oder Schweizern produziert, koproduziert und/oder realisiert wie Schwesterlein von Stéphanie Chuat und Véronique Reymond oder Mein Leben als Zucchini von Claude Barras. So werden auch Youth des Italieners Paolo Sorrentino, Lazzaro Felice der Italienerin Alice Rohrwacher, Le peuple migrateur des Franzosen Jacques Perrin und der Animationsfilm Interdit aux chiens et aux italiens des Franzosen Alain Ughetto (wieder) zu sehen sein: alle koproduziert von Deutschschweizer, Westschweizer oder Tessiner Produktionsfirmen.

Zwar feierte der Schweizer Film in Europa einige Erfolge, doch auch viele scheinbar nicht-schweizerische Filme wurden mit Unterstützung aus der Schweiz produziert. Unser Land ist nicht Mitglied der Europäischen Union, es gehört aber zum europäischen Territorium und pflegt strukturelle, intellektuelle, kulturelle und kommerzielle Kontakte mit zahlreichen europäischen Ländern. Besonders starke Bindungen bestehen zu den Nachbarländern Frankreich, Deutschland, Österreich und Italien.

Die Anwesenheit von Vertreterinnen und Vertretern des europäischen Kinos in Luzern ist eine schöne Anerkennung dieser Realität – in der Hoffnung, dass unser Land bald wieder ins europäische Filmförderungsprogramm (kreatives Europa, früher MEDIA genannt) aufgenommen werden kann, das für die Existenz unserer kreativen Industrie von entscheidender Bedeutung ist und unserer Produktion schmerzlich fehlt.

Frédéric Maire